Dienstag, 15. Oktober 2013

ethisch leben...!?

Gerade hab ich ein Buch gelesen: "Fast nackt" ist der sehr ehrliche und amüsante Bericht einer londoner Familie über ihren Versuch, ein Jahr lang ethisch zu leben. Es deckt eine irre Bandbreite ab von Konsum, Toxinen, Müll und Mobilität über Geldanlagen, Energie und Ernährung bis hin zu Engagement in der Nachbarschaft.
Und es fragt dabei die ganze Zeit: Was bedeutet es überhaupt "ethisch" zu leben?
ethisch leben
Zugegeben: Ich habe einige Kritikpunkten an dem Buch. Aber zweifellos hat es mich auch sehr nachdenklich gemacht. Ich weiß zwar, dass ich schon in einigen Bereichen versuche nach meinen Prioritäten und Werten ethisch zu leben und dass ich auch schon recht viel umsetzen konnte. Aber ich weiß auch sehr genau, dass noch viel mehr möglich wäre, wenn ich denn wirklich wollte.

Das dumme an Ethik ist ja, dass ich sie weit wegschieben kann. Ich muss nicht über sie nachdenken. Besonders bei so abstrakten Zusammenhängen wie dem eigenen Verhalten und globalen Auswirkungen. Und genau das passiert mir immer wieder: ich "vergesse" in einigen Bereichen schlicht die ethische Dimension meines Handelns, die es aber immer gibt. Denn jede Aktion ruft eine Reaktion hervor. Jede Socke ist irgendwo, von irgendwem, unter irgendwelchen Umständen, mit irgendwelchen Auswirkungen produziert worden. Jedes Grillwürstl hat mal unter irgendwelchen Bedingungen gelebt und damit ich es essen kann, wurde ein Leben genommen. Wenn ich da wirklich drüber nachdenke und nach-fühle, dann höre ich laut mein ethisches Gewissen. Unangenehm...

Das Buch hat mich jedenfalls mit jeder Menge Fragen zurückgelassen. Denn obwohl ich oft weiß, was "das Richtige" wäre, tue ich es sehr oft nicht. Im Gegenteil, ich finde sogar sehr überzeugende Gründe, die total plausibel belegen, dass ich jetzt unmöglich die richtige Entscheidung treffen kann. Ich spreche jetzt nicht vom täglichen Miteinander mit meinen Mitmenschen, z.B. dass ich niemanden beklaue oder dass ich meiner Nachbarin Mehl borge oder sowas, sondern eher von den globalen Zusammenhängen. Und ich frage mich:

- Verhalte ich mich eigentlich nur ethisch, wenn es für mich keinen Nachteil bedeutet?
- Bin ich bereit "Opfer" für einen ethischeren Lebensstil zu bringen?
- Warum ist meine Bequemlichkeit oft stärker, als meine ethischen Bedenken?
- Was ist mir wieviel wert?
- Sind ethische Entscheidungen nur möglich, wenn ich sie mir leisten kann?
- Was macht es mit mir, wenn ich auf einen einsamen Kreuzzug gehe? (Uäh, schauderlich...)

Das alles geht mir im Kopf herum und ich merke, dass ich nochmal genauer hinschauen will und muss, wie ich eigentlich lebe und was mein Lebensstil für andere Menschen bedeutet. Antworten habe ich auf meine Fragen noch gar nicht, aber wie so oft, ist es wahrscheinlich erstmal wichtiger, überhaupt Fragen zu stellen...

2 Kommentare:

Christiane Jordan hat gesagt…

Ohja... ich überlege auch bei allem was ich kaufe.. kaufe ich das lieber Bio oder überhaupt nicht, brauche ich das wirklich und gerade bei Sonderangeboten oder Umsonstsachen rudere ich zurück, denn meist sind das Sachen die ich nicht brauche. Seit Jahren bräuchte ich eine neue Waschmaschine, denn wenn man unsere so hört, kriegt man Angst, aber sie läuft noch, die Wäsche wird sauber und mit viel saubermachen hält sie schon noch ein Weilchen.. so ist es auch mit vielen Dingen. Ich lasse es lieber heile machen.. obwohl der Irrsinn des ethischen Handelns ja auch da schon losgeht. Wie kann etwas preiswerter sein es neu zu kaufen, als es heile zu machen und sollten uns die alten Dinge mehr wert sein als etwas neues? Ganz ganz viele Dinge habe ich schon lange.. mein Telefon ist 15 Jahre alt, mein Toaster auch, der Wasserkocher ist noch nen Jährchen älter und alles wirklich alles davon würde ich lieber heile machen, als es wegzuschmeissen... aber es belastet halt schon, ist nicht der einfache Weg, aber man gewöhnt sich dran. Die Kinder finden Flohmärkte und Second Hand Läden voll toll, denn da habe ich ein besseres Gewissen und weiß das es zwar alt, aber trotzdem wieder Freude bringen kann. Man kann auf vieles verzichten, wenn man will und ist genauso glücklich.. es dauert nur und braucht auch etwas Ansporn.. so ich werde jetzt mal schauen, welche Organisation sich gerade stark amcht gegen Atomkraftwerke und für alternative Ideen.. denn die brauchen sicher etwas Kraft und Wut von mir. Danke und ja mache mal weiter so.. man kommt mit weniger aus als man denkt und tauschen, teilen macht auch sehr viel Spaß. Wir geben jetzt mehr Geld für BioEssen aus, aber kaufen dafür weniger Müll, reisen weniger in die Ferne und denken nicht mehr übers Auto nach und fahren lieber mit der Bahn.. alles viel bewußter und ethisch freundlicher. Ganz normal hier... ach und Tiere kommen nicht bei, aber bei dem rest der Familie jetzt sehr bewußt auf den Tisch... Mama Salami ist auch vom Tier oder?

Zora hat gesagt…

Ja, Produktlanglebigkeit ist ein ganz entscheidender Faktor beim Versuch, ethisch zu leben - da bemühe ich mich auch drum. Ich habe auch am allerliebsten Gebrauchtes, egal ob Klamotten, Möbel oder sonst was. Allein wenn ich an die ganzen Toxine und das Geld denk das ich mir da spar, dann ist dieser Lebensstil auf einmal kein Verzicht mehr, sondern ein großer Gewinn, nicht wahr?
Ich wünsch dir, dass du eine gute Aktion findest, in der du deine Wut einsetzen kannst - genau sowas braucht unser armer Planet nämlich!
LG Zora